GEDERN (hwo). Der beste und akustisch perfekteste Saal kann an einem lauen Sommerabend nicht mit einem wunderschönen Schlosshof mit alten Bäumen konkurrieren. Es ergibt schon eine besondere Atmosphäre, wenn das Vogelgezwitscher mit den Menschenstimmen wetteifert und der blaue Himmel langsam immer dunkler wird. Da wurden die wenigen Regentropfen am späten Abend gerne in Kauf genommen. Als am Samstagnachmittag über Gedern ein Gewitter niederging, hatten die Verantwortlichen noch ganz andere Bedenken. Eingeladen hatte die Stadt Gedern im Rahmen der achten Gederner Kulturtage, Gastgeber des Open-air-Freundschaftssingens war allerdings der Männergesangverein "Liederkranz" 1842 Gedern, dessen Vorsitzender Hermann Henkel auch die elf Gastchöre willkommen hieß. Die Grüße der städtischen Gremien überbrachte Stadträtin Bärbel Gundlach.
Der "Liederkranz" Gedern unter Leitung von Hartmut Fillsack war es auch, der das abwechslungsreiche Konzert eröffnete. Besonders für sein "I want to go to heaven" mit den Solisten Norbert Scheider (Bass) und Jochen Lukarsch (Tenor) gab es viel Applaus.
Zahlenmäßig dezimiert war die von Steffen Wolf dirigierte "Eintracht" aus Rinderbügen. Aber ihre Liedvorträge - "O, du schöner Rosengarten", "Wenn alle Brünnlein fließen" und "Grüß mir die Reben" - machten deutlich, dass es nicht nur auf "Masse" ankommt.
Durch das Programm führte mit sachverständigen und trotzdem locker-leichten Kommentaren Hartmut Fillsack. "Ist der Chorleiter nicht galant zu seinen Sängerinnen" meinte er, als der Dirigent Klaus Rühl des gemischten Chores "Eintracht" Bingenheim den Damen beim Abgang von der Bühne die Hand reichte. Auch die Liedvorträge dieses Chores zeigten die Vielfalt des Repertoires, das bei ihnen vom schwungvollen "Have a nice day" über einen anspruchsvollen Satz von "Hab mein Wage vollgelade" bis zum altbekannten "Wochenend und Sonnenschein" reichte.
"Männer mag man eben" meinte unter anderem der MGV "Liederlust" aus Ober-Seemen, der von Alexander Eckhardt geleitet wird. Da widersprachen weder die männlichen noch die weiblichen Gäste. Die von Michael Habermann dirigierten Männer aus Kefenrod besangen in einem ihrer Lieder "Wein und Liebe", ein Thema, das in verschiedenen Versionen an diesem Abend noch öfter zu hören war. Sehr abwechslungsreich kamen die Liedvorträge des gemischten Chores aus Ober-Schmitten mit Martin Schubert bei den Besuchern im Schlosshof an. Der Chor sang lateinisch und englisch und ein hatte ein Mundartlied mitgebracht.
Mit "hessischem Platt" ging es auch weiter, denn diesem hat sich die von Edu Höhl geleitete Mundartgruppe "Kreuz und Quer" aus Gedern verschrieben. Die fünf Herren lockerten das Programm noch einmal auf und brachten es musikalisch auch fertig, dass ihnen etwas zum Anfeuchten ihrer Kehlen auf die Bühne gebracht wurde. Viel Beifall für sie, aber auch für den MGV Ober-Schmitten mit Martin Schubert, der für den "Zottelmarsch" geradezu stürmischen Applaus erhielt.
Thomas Kiersch und der "Liederkranz" Ober-Mockstadt gefielen besonders mit dem italienisch gesungenen "La montanara". Die von Adam Gensert dirigierten Männer des KSG Ober-Seemen behaupteten unter anderem, erst mal beim Wirtshaus stehen zu bleiben "Wenn wir sonntags in die Kirche gehn". Aus Dortelweil war der von Chorleiterin Carina Konz am elektrischen Klavier begleitete gemischte Chor des "Liederzweigs" gekommen. Er begeisterte mit temperamentvollen Liedvorträgen, zu denen auch das "Chiantilied" und "Eviva Espana" gehörte n, bei denen die Besucher in abendlicher Idylle eifrig mitklatschten.
Aufmerksame Zuhörer hatten auch noch die beiden letzten Gastchöre. Der Männergesangverein aus Treis/Lumda, Leitung Matthais Schulze, gefiel besonders mit seinem "Shenandoah" und dem "Türkischen Trinklied". Schließlich konnten die Konzertbesucher den Behauptungen des von Volker Kessler dirigierten MGV Lüztelhausen "Die Gedanken sind frei" und "Über den Wolken, da muss die Freiheit wohl grenzenlos sein", alle zustimmen.
In den musikalischen Abschluss des gastgebenden Männerchores Gedern mischte sich der Schrei "Drei zu null" für Deutschland, denn im nahegelegenen Wappensaal des Schlosses war vorsorglich ein Fernsehapparat aufgestellt worden, damit auch die Fußballfreunde im Zuge der WM auf ihre Kosten kamen. In die Zugabe des Liederkranz "Ein Bier, das macht den Durst erst schön" knallten dann die Feuerwerkskörper, die die Gederner nach dem Sieg der deutschen WM-Elf abfeuerten.
Quelle: Kreis-Anzeiger, 10.07.2006